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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Landeck
167 |
Fließ, Pfk. Mariä Himmelfahrt |
1523 |
Taufstein mit Jahreszahl und Monogramm, (sekundär) polychromierter Kalkstein (?), im Langhaus an der Triumphbogennordseite. Die quadratischen, seicht vertieften und mit einfacher Stableiste gerahmten Felder des oktogonalen Taufbeckens zeigen – soweit durch die geringe Distanz des Beckens zu den Mauern sichtbar – fünf tartschenförmige Wappenschilde, bis auf den an der Nordseite zu je zwei Paaren einander zugewendet. An der Westseite im Feld ein flacher Dreipassbogen, unter dem ein Steinmetzzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1) eingehauen ist. Über dem Feld befindet sich die in seicht vertieftem, querrechteckigem Feld erhaben ausgeführte Jahreszahl (I). An der Nordseite über einem Wappenfeld in seicht vertieftem, querrechteckigem Feld erhaben ausgeführtes Monogramm (II). Alle nicht vertieften bzw. nicht reliefierten Flächen wurden (wohl im 19. Jahrhundert) abgestockt. Die Farbigkeit des Steins geht wohl erst auf eine eingehende Überarbeitung des Taufsteins vor 1985, vielleicht im Jahr 1957, zurück1). Die Tinkturen der Wappen sind dabei nicht durchwegs korrekt ausgeführt worden. Besondere farbige Gestaltung erfuhren das Maßwerk des westlichen Feldes, die Rahmenleisten der Wappenfelder und die Buchstaben bzw. Ziffern der Inschriften (gold), die Nullflächen der Schriftfelder wurden weiß, die Nullflächen der Wappenfelder je nach Tinktur des Schildes (s. Anmerkungen zur Wappenzeile) weiß oder blaugrau bemalt.
Bu. 5,5 cm (I), 5 cm (II). – Frühhumanistische Kapitalis.
Textedition
I.
1523a)
II.
W · Db)
Anmerkungen
Wappen2): Ifan (?)3), Rott4), Schenk von Schenkenstein5), Schrofenstein6), Trautson (?)7).
Kommentar
Der Fließer Taufstein gehört zu einer größeren Gruppe von oktogonalen Taufsteinen mit Wappendarstellungen, die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Tiroler Oberland entstanden sind (vgl. Kat.-Nr. 39). Sein unmittelbarstes Parallelstück ist der Taufstein der Landecker Pfarrkirche (Kat.-Nr. 158).
Die Wappen des Taufsteins deuten auf verschiedene Geschlechter, in denen man wohl Stifter der Pfarrkirche Fließ sehen darf. So waren die Brüder Sigmund und Rueland von Schrofenstein (vgl. auch Kat.-Nr. 156†) seit 1501 mit der Burg Bideneck bei Fließ belehnt8). Der Hahn, den Ammann den Weinangl zuschreibt, dürfte hier das Wappenbild der Matreier Linie der Trautson darstellen, die mit den Schrofensteinern eng verwandt war; es liegt insbesondere nahe, eine Verbindung zu Hans Trautson, dem Sohn der Dorothea von Schrofenstein und des Sixt Trautson, herzustellen9). Das Wappen der Schenk von Schenkenstein wird man Hans Schenk von Schenkenstein zuschreiben können, der Viertelhauptmann im Oberinntal und Pfleger von Wiesberg gewesen ist. Als Amtmann der Herren von Schrofenstein macht Lunger den mehrfach greifbaren Cäsarius Rott als weiteren Wappenträger auf dem Taufstein fest. Eine sichere Identifizierung des gespaltenen Wappenschildes stellt sich angesichts einer gewissen heraldischen Beliebigkeit der bestehenden farbigen Fassung schwierig dar; die Vermutung Lungers, es handle sich um das Wappen der Ifan, die auch in Landeck mehrfach zu greifen sind, scheint jedoch nahe liegend10).
Die Auflösung des Monogramms WD (II) bleibt unklar. Dass es sich „um eine Zutat aus dem 20. Jh.“ handle, wie Lunger vermutet, ist angesichts der signifikanten Buchstabenformen – verschränktes W und eingerolltes unziales D, die freien Schaft- und Bogenenden jeweils stumpf endend, erlauben, die Schrift als Frühhumanistische Kapitalis anzusprechen – abzulehnen, wenngleich sich bislang keine sinnvolle Interpretation – etwa in Zusammenhang mit dem darunter liegenden Wappen des Cäsarius Rott – ergibt.
Zwar gleicht das Steinmetzzeichen auf dem Taufstein aus Fließ der Hausmarke am Gemeindehaus von Ladis, die in der dortigen Beischrift dem Hans Märck zugeschrieben wird (Kat.-Nr. 216), doch verbietet sich schon angesichts des fast ein halbes Jahrhundert betragenden Zeitabstands beider Inschriften die Annahme eines näheren Zusammenhangs11).
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Landeck Fließ, Pfk. Mariä Himmelfahrt • Taufstein • Jahreszahl • Monogramm • Kalkstein • Frühhumanistische Kapitalis •
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