Anzeiger der philosophisch-historischen Klasse, 146. Jahrgang / 1. Halbband, 2011, pp. 5-90, 2012/08/06
„Unser Schief mußte nach Pola und 8 Tage auf neue Masten warten, wo ich die Zeit indeß die Überreste der römischen Antiquitäten zeichnete“,* vermerkte der damals erst 23 jährige, gerade mit dem „großen Malerpreis“ der Akademie der bildenden Künste in Wien ausgezeichnete Landschaftsmaler Thomas Ender (1793-1875) in seiner Autobiographie. Als Teilnehmer der großen Brasilienexpedition, die der österreichische Kaiser Franz I. aus Anlass der Vermählung seiner Tochter, Erzherzogin Carolina Josepha Leopoldina, zur naturwissenschaftlichen wie wirtschaftlichen Erschließung dieses bis dato in Europa weitgehend unbekannten Landes beschlossen hatte, war Ender am 10. April 1817 in Triest an Bord der Fregatte AUSTRIA gegangen. Er sollte Brasilien zeichnerisch – malerisch festhalten und eine umfassende Bilddokumentation der Forschungsreise liefern. Doch kaum nach Rio de Janeiro unterwegs wurde die Reise „gleich durch einen starken Sturm“ unterbrochen und notwendig gewordene Reparaturen an Mast und Takelage zwangen das vierzehnköpfige Expeditionsteam zu einem einwöchigen Aufenthalt in Pola. Ender nützte die Wartezeit für Zeichen- und Malstudien vor Ort und schuf sechs Aquarelle (Bleistift, aquarelliert) , die als ältestes Material zur Dokumentation des historischen Stadtbildes sowie des Erhaltungszustandes der bedeutendsten römischen Bauwerke Polas anzusehen sind.