Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs 1 / 2013, pp. 189-210, 2013/05/21
Wie die neuere Forschung gezeigt hat, ist der Reichshofrat als multifunktionale Institution zu verstehen, die auf verschiedenen Gebieten – der Verwaltung, der Beratung des Herrschers sowie der Rechtsprechung– tätig war. Der Reichshofrat war dabei nicht nur eine Institution des frühneuzeitlichen Heiligen Römischen Reichs, sondern auch der österreichischen Erbländer. In dieser Funktion war er u.a. für Revisionen von Entscheidungen der Oberösterreichischen Regierung (vor 1564, 1595–1602), der Niederösterreichischen Regierung (bis in die 1630er Jahre) sowie des Obersthofmarschallamts (bis in die 1670er Jahre) zuständig. In diesen Verfahren bewies der Reichshofrat eine bemerkenswerte Flexibilität; großer Wert wurde einvernehmlichen Lösungen für die den Prozessen zugrundeliegenden Konflikte beigemessen. Obwohl Revisionen nur einen kleinen Teil der reichshofrätlichen Tätigkeit insgesamt sowie bezüglich der österreichischen Erbländer ausmachten, hatten sie eine wichtige Funktion. Als dem Gnadenbereich zugeordnetes, außerordentliches Rechtsmittel ermöglichten sie die Überprüfung von Entscheidungen, gegen die angesichts der Würde der betreffenden Spruchkörper nicht appelliert werden konnte.