Archaeologia Austriaca 105/2021, pp. 249-282, 2021/04/20
Zeitschrift zur Archäologie Europas
Journal on the Archaeology of Europe
In den Jahren 2018 und 2019 führte die Grabungsfirma TALPA die bislang größte urgeschichtliche Flächengrabung Nordtirols in Kundl (Bezirk Kufstein) durch. Die rund 11.000 m2 große Grabungsfläche im Areal der Schottergrube Wimpissinger schließt an das in den 1970er Jahren entdeckte eisenzeitliche Gräberfeld der Fritzens- Sanzeno-Kultur an. Bei den neuen Grabungen wurden bronze- und eisenzeitliche Nutzungshorizonte entdeckt, die durch meterdicke Murschotter voneinander getrennt und dadurch hervorragend konserviert waren. Sie liefern bedeutende Erkenntnisse zum Produktionsprozess des Nordtiroler Fahlerzkupfers sowie zur Organisation der Metallverarbeitung während der Bronze- und Eisenzeit. In der älteren bronzezeitlichen Phase wurden zwei Batterien von Verhüttungsöfen angelegt. Die gefundenen Schlackenreste und Tondüsenfragmente weisen auf ein Schmelzen von Kupfererz bzw. eine Raffination von Rohkupfer hin. Aus der jüngeren spätbronzezeitlichen Phase blieben Reste von Holzgebäuden sowie drei in den Schotter eingegrabene Vorratsgefäße erhalten. Die eisenzeitliche Kulturschicht mit einer dichten Bebauung konnte auf einer zusammenhängenden Fläche von rund 10.100 m2 untersucht werden. Sie erbrachte Hinweise auf Nahrungsmittelproduktion, Textilherstellung und landwirtschaftliche Tätigkeiten (Pflugspuren, Viehzäune). Das eisenzeitliche Siedlungsareal war darüber hinaus durch eine intensive metallurgische Produktion (Bronze und Eisenverarbeitung, möglicherweise auch Verhüttung) geprägt. Die Siedlung wurde kontinuierlich von der Stufe Ha D bis Lt D, also gleichzeitig mit dem bekannten Gräberfeld genutzt.
Keywords: Bronzezeit, Eisenzeit, Tirol, Werksiedlung, Kupferverhüttung, Bronzemetallurgie, Eisenverarbeitung