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Eine Gräbergruppe der späten Glockenbecherzeit aus Tödling, Oberösterreich. Archäologie – Anthropologie – Archäozoologie

    Daniela Kern†, Karin Wiltschke-Schrotta, Mona Abd El Karem

Archaeologia Austriaca 108/2024, pp. 73-116, 2024/12/11

Zeitschrift zur Archäologie Europas
Journal on the Archaeology of Europe

doi: 10.1553/archaeologia108s73

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doi:10.1553/archaeologia108s73



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Abstract

1998 wurden nördlich von Tödling, KG Gemering, Oberösterreich, fünf Gräber (Gräber 2–6) der späten Glockenbecherkultur bei Rettungsgrabungen freigelegt und ein Grab (Grab 1) zerstört. Von den bestatteten Toten war einer in rechter Hockerlage mit dem Kopf im Süden und vier in linker Hockerstellung mit dem Kopf im Norden niedergelegt worden. Nach dem Bestattungsbrauch dieser Zeit handelt es sich dabei um ein weibliches Individuum und vier männliche Individuen, was die anthropologische Untersuchung bestätigte. Eine weitere Frau war in Grab 1 beigesetzt worden. Die Frauen (Gräber 1–2) verstarben in maturem Alter, während die Männer (Gräber 3–6) nicht älter als 30 Jahre wurden. Auffallend an den Männern ist die geschätzte Körpergröße von 171–181 cm. Im diachronen Vergleich waren die Tödlinger Männer deutlich größer als die Schnurkeramiker und die Bevölkerung des bronzezeitlichen Ostösterreichs. Als Speisebeigaben wurden den Toten hauptsächlich fleischreiche Elemente von Lamm/Kitz, jungen Schweinen und Rindern mit ins Grab gegeben. In vier Gräbern fanden sich insgesamt drei Schalen, vier Tassen und ein Henkeltopf. An Trachtbestandteilen wurden acht bogenförmige und ein stäbchenförmiger Anhänger angetroffen, weiters ein Kupferdolch, ein Silexabschlagsfragment und ein möglicher Unterlagsstein. Die Beigaben und Trachtbestandteile belegen die Zugehörigkeit zur Ostgruppe der Glockenbecherkultur. Der überregionale Vergleich von glockenbecher- und frühbronzezeitlichen Grabinventaren mit bogenförmigen Anhängern zeigt, dass einfache und horizontal gelochte Anhänger ursprünglich zur Männertracht gehörten. In diesen älteren Gräbern sind nur ein oder zwei Exemplare im Schulter-/Oberkörperbereich und/oder im Beckenbereich vorhanden. Bogenförmige Anhänger und Knebel durchlaufen somit eine Entwicklung von einem funktionalen Bestandteil der Männertracht zu einem dekorativen Bestandteil des Frauenschmucks.

Keywords: Endneolithikum, späte Glockenbecherkultur, Körperbestattung, bogenförmige Anhänger, Kupferdolch