Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft, Band 166/2024, pp. 69-92, 2025/04/30
Band 166 (Jahresband), Wien 2024
Volume 166 (Annual volume), Vienna 2024
Als zweitgrößter Kaffeeproduzent der Welt ist Vietnam in hohem Maß von einem effizienten und nachhaltigen Kaffeeanbau abhängig. Dies gilt insbesondere für die Kleinbauern, die für 95 Prozent der Produktion verantwortlich sind. Immer mehr von ihnen sehen ökologische und ökonomische Vorteile in der Umstellung von einem input- und kostenintensiven sowie umweltschädlichen Anbau auf nachhaltige Anbaumethoden. Da die nachgelagerten Akteure der Kaffeewarenkette, vor allem die „umweltbewussten“ Kunden im Globalen Norden, dies erwarten, entscheiden sich auch immer mehr Kaffeebauern dafür, nach nachhaltigen Standards zu wirtschaften und dies zertifizieren zu lassen. Auch wenn der Druck dazu steigt, ist die Entscheidung dafür oder dagegen freiwillig und basiert auf einer Abwägung von Vor- und Nachteilen. Dies gilt im Prinzip nicht mehr seit der EU-Entwaldungsverordnung 2023, die nicht-nachhaltiges Verhalten, das heißt, Abholzen oder Waldschädigung im Zusammenhang mit dem Kaffeeanbau, ohne Gegenleistung sanktioniert. Dies ist eine neue Stufe des Nachhaltigkeitsverständnisses, das zwar aus der Einsicht in die globale Vernetzung erwächst, aber – ohne mögliche Auswirkungen auf die komplexe Situation vor Ort zu kennen – vornehmlich die Kaffeebauern in Vietnam (bzw. im Globalen Süden) vor große Herausforderungen stellt.
Keywords: Nachhaltigkeit, Kaffeeanbau, agrarische Praktiken, Standards, Zertifizierung, Entwaldung, EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), Waldschutz, Vietnam