Archaeologia Austriaca 109/2025, pp. , 2025/06/05
Zeitschrift zur Archäologie Europas
Journal on the Archaeology of Europe
Objektbiografien bieten neben historischen Informationen die Möglichkeit, Beziehungen von Mensch und Objekt besser zu verstehen. Auf diese Weise lassen sich Netzwerke von Personen und Institutionen sowie ihre Entwicklung aus der Sicht eines Objektes darstellen. Der vorliegende Artikel stellt die Biografie der Replik eines sogenannten Kommandostabes aus der Studiensammlung des Instituts für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien vor. Anhand der Stationen, die dieses Objekt durchlaufen hat, wird ein Einblick in den Handel mit Antiquitäten und Abgüssen sowie in die Netzwerke zwischen Wissenschaftlern, Sammlern und Händlern des 19. Jahrhunderts gewährt. Die Biografie der Replik begleitet nicht nur die Begründung der österreichischen Urgeschichtsforschung und archäologischen Lehre in Wien, sondern enthüllt auch Kontakte zwischen den ersten österreichischen Prähistorikern und einem französischen Antiquitätenhändler namens Eugène Boban, der für den Verkauf von gefälschten Kristallschädeln weltweit bekannt wurde. Aus Objektperspektive zeigt sich ein Wandel in der Bedeutung der Repliken von der Hochblüte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum überwiegenden Bedeutungsverlust in heutiger Zeit. Trotz ihrer marginalen Rolle in Sammlungen können Repliken einen wesentlichen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte leisten, aber auch Museen die Möglichkeit bieten, Besucher:innen mehr Interaktivität zu bieten und ihr Involvement mit der Ausstellungsthematik zu steigern.
Keywords: Objektbiografie, Itinerar, Replik, Lochstab, Wissenschaftsgeschichte, Urgeschichte, Eugène Boban